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News-Bild: Deutsche Umwelt- und Verkehrspolitik lässt Jugend in die Luft gehen!

15.09.2022 - 09:35h

Deutsche Umwelt- und Verkehrspolitik lässt Jugend in die Luft gehen!

Das Profil Kommunikation in Europa wendet sich in einem offenen Brief an die Ministerin für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz, Steffi Lemke und an den Minister für Digitales und Verkehr, Volker Wissing. 

Das Profil sieht sich gezwungen aufgrund der großen Preisdifferenz ihre Profilreise nicht wie es eigentlich schulischer Konsens ist mit der Bahn sondern dem Flugzeug durchzuführen. Diese "kognitive Dissonzanz" soll mit dem folgenden Brief abgemildert werden:


Sehr geehrte Frau Lemke und sehr geehrter Herr Wissing, 


wir sind Schüler*innen einer elften und zwölften Klasse aus Hamburg und möchten mit Ihnen ein weltweites Anliegen teilen. Vor kurzem haben wir die Entscheidung getroffen, unsere Kursfahrt, welche Ende September stattfinden wird, per Flugzeug anzutreten, obwohl sich unsere Schule grundsätzlich aus Klimaschutzgründen zum Anliegen gemacht hat, nicht zu fliegen. 


Hintergrund ist, dass die Bahnpreise sich für die vorgesehene Reise auf 220€ pro Person belaufen würden, womit klar wäre, dass unsere Kursfahrt nicht stattfinden könnte. Ein Hin- und Rückflug kostet jedoch nur 60€ pro Person. Diese Preisdifferenz stellt nicht nur für uns als Bildungseinrichtung ein Problem dar, sondern ebenso für die Gesamtheit aller potentiellen Bahnreisenden, welche sicherlich mehrheitlich auf die Option des Fliegens zurückgreifen. 

Wo bleibt also ihre versprochene Attraktivität der Bahn? 

„Wer das Klima schützt, schützt die Freiheit.“, lässt sich Robert Habeck auf einem Bundesparteitag der Grünen zitieren, in diversen Podcasts wünscht er sich eine Renaissance der Nachtzüge, Politiker*innen weiterer Parteien schließen sich diesem Wunsch an. Die Landeschefin der Grünen Schleswig-Holsteins beschreibt quasi unser Problem, wenn sie sagt: „Es kann nicht sein, dass die Urlaubsreise nach Italien zu einer Odyssee für Menschen wird, die nicht fliegen wollen, sondern mit öffentlichen Verkehrsmitteln reisen.“ Voilà unsere Situation. 

Was nun?

Wir verstehen überhaupt nicht, warum die Bahnpreise so teuer sind und wir uns damit gezwungen fühlen, die Reise mit dem Flugzeug anzutreten. Als Französisch-Leistungskurs empfinden wir es als höchst sinnvoll, im Rahmen der Projektwoche eine Bildungsreise nach Frankreich zu unternehmen.

Anstatt Hausaufgaben zu machen, beschäftigten wir uns also mit der Recherche, in welcher Form die Preisdifferenz entsteht. Wir akzeptieren keine „Begründung“, die besagt, dass auf den Treibstoff der Flugzeuge (Kerosin) keinerlei Steuern für die Gesellschaften anfallen, jener der Bahn (Strom) jedoch hoch besteuert wird.  Deutschland ist hier trauriger Spitzenreiter, was die Besteuerung angeht; im Vergleich zu unserem Reiseland Frankreich erheben wir mehr als das 22-fache an Steuern, andere europäische Länder sparen sich diese sogar komplett. Wie kann man diese Tatsache nicht schockierend finden?

Aufgrund des Aspektes, dass wir nach Frankreich fliegen, tritt bei uns das Phänomen der kognitiven Dissonanz auf, welches wir (nicht nur mit diesem Schreiben) abzumildern versuchen. Hierbei handelt es sich um ein Gefühl des Unwohlseins, welches durch den bevorstehenden Flug entsteht, da wir uns der Umweltbelastung bewusst sind. Eine natürliche Reaktion des Menschen ist das Bedürfnis nach Reduktion des Unwohlseins beziehungsweise der Dissonanz, welche wir durch Spenden an die Organisation Atmosfair nur geringfügig verringern können. Es handelt sich hierbei unserer Meinung nach mehr um ein Greenwashing als um einen tatsächlichen Ausgleich des CO2-Ausstoßes. Da wir uns also bewusst sind, dass das Spenden von Geld nicht den CO2-Ausstoß ausgleicht, ist es nicht möglich, die entstandene Dissonanz aufzulösen. Um unsere Dissonanz nun adäquat zu verringern, müssten wir die Option des Bahnfahrens wählen, die in unserem Fall jedoch aufgrund der hohen Preise nicht wirklich zur Verfügung steht.

Was sollen wir (in Zukunft) tun? Selbstverständlich ist uns bewusst, dass wir die Reise zu einem früheren Zeitpunkt hätten buchen können. Jedoch war dies nicht möglich, da wir die Anzahl der Teilnehmenden nicht früher final festlegen konnten. Es erschließt sich uns nicht, weshalb es eine solche Preisdifferenz bezüglich des Buchungsdatums gibt, während beispielsweise in unserem Zielland Frankreich die meisten (Bahn)Preise unabhängig vom Buchungszeitpunkt feststehen.

Wir wünschen uns erst einmal nichts weiter, als dass sich unser Anliegen zu Herzen genommen wird. 

Auf Ihre Antwort warten wir mit Spannung.

Mit hoffnungsvollen, aber auch nachdenklichen Grüßen 

Ein Oberstufenkurs des Gymnasium Osterbek, Hamburg